Ob das eine Alternative zur Vollnarkose ist, geht aus folgenem Interview mit dem Facharzt des Szent Rafael Krankenhauses hervor.
Ultraschallgesteuerte Regionalanästhesie – Interview mit Dr. Dömötör Nyéki |
Ultraschallgesteuerte Regionalanästhesieverfahren sind der neue Clou, die uns Dr. Dömötör Nyéki, Facharzt an der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Szent Rafael Regionalkrankenhauses im Komitat Zala näherbringt.
Doppelaufgabe
Die Fachärzte an dieser Abteilung haben eine Doppelaufgabe zu bewältigen, erklärt Dr. Nyéki. Einerseits müssen sie Patienten, die in sehr schlechtem, lebensgefährlichem Zustand an der Intensivstation liegen, betreuen, andererseits haben sie diverse Formen der Anästhesie bei verschiedenen chirurgischen Operationen durchzuführen.
Eine davon ist die Allgemeinanästhesie (oft auch als Vollnarkose bezeichnet), bei der die Medikamente, die einen Tiefschlaf ähnlichen Zustand verursachen, intravenös oder als Inhalationsanästhesie durch eine Gesichtsmaske verabreicht werden, um den gewünschten Grad der Bewusstlosigkeit, Gedächtnisverlust, Schmerzlosigkeit und eine totale Muskelentspannung zu erreichen.
- Obwohl die Narkose heute als absolut unbedenklich gilt, können dabei, wie bei jedem anderen Eingriff auch, Komplikationen auftreten – erklärt Dr. Dömötör Nyéki, und erläutert auch gleich die Alternativmethode.
– Eine andere Untergruppe bilden die regionalanästhetischen Verfahren. Hierbei geht es um rückenmarksnahe und periphere Nervenblockaden, so muss nicht der ganze Körper betäubt werden, die Schmerzausschaltung kann sich nur auf die operierte Region begrenzen. Früher musste man sich an anatomischen Orientierungspunkten festhalten, oder aus den elektrisch stimulierten Muskelzuckungen darauf schließen können, wo bestimmte Nerven zu finden sind, um die Anästhetika effektiv zu verabreichen. Das Einstechen erfolgte quasi blind, da der Arzt die Position der eingestochenen Nadelspitze nicht kannte. Dadurch lag das Risiko der mechanischen Komplikationen wie die Verletzung der Adern, das Entstehen von einem Pneumothorax oder die Gefahr der Nervenbeschädigungen relativ hoch, verursacht durch die zu dicht eingeführte Nadelspitze. Seit einigen Jahren ist es aber möglich, auf einem Ultraschallgerät den Einstich zu verfolgen, damit die Anästhetika viel exakter und sicherer verabreicht werden können.
Auf dem Foto setzt Dr. Dömötör Nyéki eine ultraschallgesteuerte Nervenblockade unterm Schlüsselbein für eine Hand-OP. Auf dem Monitor beobachtet er die Nadel, die er grade einsticht. Foto: Tibor Katon |
In den letzten 5-10 Jahren sind weltweit solche tragbaren Ultraschallgeräte im Kleinformat auf den Markt gekommen, die in guter Bildqualität die visuelle Kontrolle der Eingriffe ermöglichen. Zahlreiche Studien belegen, dass sich durch die Echtzeit-Bildgebung der Ultraschallsteuerung viele Komplikationen vermeiden lassen, und der Eingriff viel zuverlässiger ist. Dank dieses Bildgebungsverfahrens werden sämtliche anatomischen Details, Muskeln, Sehnen, Nerven, Adern und die da zwischen eingestochene Nadel, aber selbst die Ausbreitung des verabreichten Anästhetikums sichtbar.
Der Anästhesist kann im Vergleich zu früheren Verfahren viel gezielter und sicherer den Einstich machen, wodurch die Wirkung schneller einsetzt und länger anhält, und auf diese Weise kann dem Patienten das unangenehme Zucken der Extremitäten auch erspart bleiben.
Ein weiterer Vorteil ist, dass der OP-Stress ausbleibt, sodass dieses Verfahren selbst bei Risikopatienten unbedenklich eingesetzt werden kann. Da keine postoperativen Schmerzen entstehen, kann der Patient schneller wieder auf die Beine kommen, was den Krankenhausaufenthalt erheblich verringert. Außerdem ist dieses Verfahren äußerst kosteneffektiv.
Fazit von vier Jahren
- In unserem Krankenhaus werden ultraschallgesteuerte Regionalanästhesieverfahren bereits seit vier Jahren eingesetzt – fährt Dr. Nyéki fort. – Am häufigsten kommen diese in der Unfallchirurgie, bei Verletzungen und Frakturen der oberen und unteren Extremitäten und bei Prothesen-OPs zum Einsatz, aber bei Eingriffen in den Bereichen Bauchdecke, Brustkorbs und Hals können sie ebenfalls effektiv eingesetzt werden.
Vor zwei Jahren haben wir verkündet, dass bei Mastektomie-OPs, wenn die Brust wegen einer Tumorerkrankung entfernt werden muss, diese Anästhesiemethode zur Ausschaltung der postoperativen Schmerzen ergänzend zur Vollnarkose eingesetzt werden kann. Durch das Einspritzen von Anästhetika zwischen die verschiedenen Gewebeschichten des Brustkorbs können die Schmerzen im operierten Bereich komplett ausgeschaltet werden. Die Patientin wacht schmerzfrei auf, und dieser Zustand hält tagelang an. Betäubende Schmerzmittel sind dadurch überflüssig, und selbst die Heilgymnastik verläuft viel flotter. Ich kann Ihnen über zwei Fälle berichten, bei denen das Narkoserisiko dermaßen hoch lag, dass die Brust- bzw. Achsel-Operation ausschließlich mit ultraschallgesteuerter Nervenblockade durchgeführt wurde, und wir uns währenddessen mit den Patienten unterhalten konnten. In nächster Zeit entsteht aus den vielen Erfahrungen eine gemeinsame Publikation mit der chirurgischen Abteilung.
Für die Zukunft wird geplant, diese Anästhesieverfahren breiteren Patientenkreisen zugänglich zu machen. Die Voraussetzung dafür ist die Anschaffung eines Ultraschallgeräts zum anästhesiologischen Eigengebrauch. Die Krankenhausleitung unterstützt dieses Bestreben, und gab das Versprechen, ein zusätzliches Gerät zu kaufen. Für die Unterstützung ihrer Ziele wurde die Stiftung „Für Sicherheit in der Anästhesie“ ins Leben gerufen.
Wir hacken nach: Wenn dieses Verfahren so viele Vorteile bietet, warum wird es nicht viel häufiger der Vollnarkose vorgezogen?
- Im Allgemeinen kann man behaupten, dass bei gewissen operativen Eingriffen die ultraschallgesteuerten Nervenblockaden eine willkommene Ergänzung zur Vollnarkose darstellen, oder gar eine Alternative zur Allgemeinanästhesie bieten – erklärt der Facharzt. – Es handelt sich dabei um eine neue Technik, die wir vor 5-6 Jahren nur auf Online-Videos von großen amerikanischen oder deutschen Universitätskrankenhäusern studieren konnten.Später haben dann aus dem Ausland heimkehrende Anästhesisten-Kollegen diese Technik im Rahmen von Workshops und Konferenzen vorgestellt, die praktische Anwendung steckt also fast noch in den Kinderschuhen. Das Verfahren wird ungarnweit von vielen Krankenhäusern übernommen, und ich kann mich glücklich schätzen, dass unser Krankenhaus unter den ersten war.
Dr. Nyéki ist auch an der Zahnklinik Gelencsér als Anästhesist tätig, und das Interview ist in unlängst in der meistgelesenen Regiaonaltageszeitung erschienen.
Beruficher Werdegang Dr. Dömötör Nyéki ist in Zalaszentgrót geboren, sein Abitur hat er am Kölcsey Gymnasium im Komitatssitz und sein Diplom an der Semmelweis Universität in Budapest erworben. Die Berufsorientierung war kein Zufall, da die Mutter Kinderarzt und der Vater Hausarzt in seiner Heimatsstadt sind. Während seiner Studien hat er kleine Umwege bis nach Ägypten und Deutschland gemacht. Ein Teil seines chirurgischen Praktikums hat er an der Universität Kairo geleistet, wo er einer Vielzahl von außergewöhnlichen Impulsen ausgesetzt war. Er konnte sich einen Einblick verschaffen, wie die Chirurgen dort arbeiten, überwiegend auf die alte, herkömmliche physikalische Diagnostik basierend, und konnte sich auch ein Bild über die Heilung tropischer Krankheiten machen. Anfangs wollte er Kardiologe oder Herzchirurg werden, deshalb hat er wissenschaftliche Arbeit im Herz- und Gefäßzentrum Budapest geleistet, und war einige Monate im Universitäts-Herzzentrum Freiburg tätig. Hier hat er sprichwörtlich sein Herz an die Anästhesie verloren, sodass sein Berufswunsch dann letztendlich feststand. |
Quelle:
- Kiváltható a műtéti altatás? Dr. Nyéki Dömötörtől, a Szent Rafael Kórház szakorvosától megtudjuk (https://www.zaol.hu/kozelet/helyi-kozelet/kivalthato-a-muteti-altatas-dr-nyeki-domotortol-a-szent-rafael-korhaz-szakorvosatol-megtudjuk-2934553/)
Dr. Kalman Gelencser
Gelencsér Dental Zahnklinik
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Letzte Änderung: 17. September 2020