Gutgemeinte Ratschläge werden in vielen Familien weitertradiert und viele davon gelten quasi als Volksweisheiten, die man einfach so hinnimmt. Aber stimmt das alles wirklich?
Was ist dran an den Zahn-Mythen? |
1. Nach dem Essen Zähneputzen nicht vergessen!
Sicherlich hat jeder in der Bekanntenkreis welche, die überall eine Zahnbürste dabei haben, und kaum ist der letzte Biss runter, schon rennen sie ihre Zähne schrubben.
Das ist nicht grundsätzlich falsch, jedoch muss man wissen, was sich im Mundraum beim Essen abspielt. Normalerweise liegt der pH-Wert im neutralen Bereich, der beim Verzehr von säurehaltigen Speisen, Softdrinks und Fruchtsäften aus dem Gleichgewicht kippt. Der Zahnschmelz mag zwar die härteste Substanz im ganzen Körper sein, dennoch ist sie nicht unverwüstlich.
Ganz im Gegenteil – schmelzfressende Lebensmittel sorgen dafür, dass der pH-Wert im Mund rapide sinkt und der Schutzmantel angegriffen wir. Die Säure löst nämlich Kalzium und Phosphat aus dem Schmelz heraus, dadurch wird er auf Dauer rauer und dünner, bis der Zahn irgendwann empfindlich auf Kaltes, Warmes oder Süßes reagiert.
Schreiten wir in diesen Demineralisierungsprozess zu früh und zu heftig ein, schrubben wir den aufgeweichten Zahnschmelz eigenhändig weg.
Das richtige Putzverhalten ist daher: abwarten. Und Tee trinken hilft übrigens nach neuesten Studien auch, das Wachstum von schädlichen Bakterien zu stoppen – vorausgesetzt ohne Zucker und Zitrone.
Der Speichel braucht ungefähr eine halbe Stunde, um die Säuren zu neutralisieren und die Zahnoberflächen mit schützenden Enzymen zu umhüllen. Nach dem Essen also erst einmal mindestens 30 Minuten warten, damit man den Schmelz mit der Zahnbürste nicht zerstört!
2. Fest schrubben für gründliche Reinigung
Laut einer Umfrage putzen sich die meisten Menschen nur einmal am Tag die Zähne. Dafür aber viele mit voller Power. Blitzblank durch Schrubben – das sollte man sich jedoch fürs Bad oder den Backofen aufheben, denn wer täglich seine Zähne auf diese Weise strapaziert, riskiert schmerzhafte Dauerfolgen.
Nicht nur der schützende Zahnschmelz kann schwinden, auch das Zahnfleisch wird sich zurückziehen, sodass es zu freiliegenden, empfindlichen Zahnhälsen kommt, in schlimmen Fällen kann sogar Parodontitis entstehen.
Das richtige Putzverhalten ist daher: mit weichen Borsten, der richtigen Putztechnik und dem richtigen Druck sanft aber regelmäßig putzen!
Wenn man unsicher ist, kann man sich gerne beim nächsten Zahnarztbesuch beraten lassen bzw. sich etwas einüben, oder eine Zahnbürste besorgen, die aufleuchtet, wenn man fest aufdrückt.
3. Rauchen verursacht nur Zahnverfärbung
Rauchgewohnheiten werden stets in der Anamnese erfragt, eben weil es bei den meisten Zahnbehandlungen um mehr geht, als nur die Ästhetik. Nikotin sorgt tatsächlich dafür, dass die Zähne immer grauer, gelber und brauner werden.
Oberflächliche Verfärbungen lassen sich anfangs noch wegpolieren, aber gegen die tieferen helfen keine kosmetischen Praktiken.
Zigarettenrauch enthält Tausende von Substanzen, die sich auch auf die Zahngesundheit äußerst negativ auswirken. Die Giftstoffe, die in die Mundhöhle und in die Blutbahn gelangen, richten eine Menge Unheil an. Schlechter Atem und Kariesgefahr sind nur der Anfang – die reduzierte Sauerstoff- und Blutversorgung des Zahnfleisches kann zu schmerzhaften Zahnfleischentzündungen führen, die eben aus genanntem Grund viel langsamer abklingen.
Die verengten Blutbahnen beeinträchtigen aber nicht nur die Sauerstoffzufuhr sondern auch den Transport der Immunzellen, die den entstandenen Schäden auch nicht entgegenwirken können.
Gezielte Studien belegen, dass die Gefahr einer Zahnbetterkrankung unter Rauchern fünfzehnmal höher liegt, als bei Nichtrauchern. Der Krankheitsverlauf ist viel aggressiver, die entstandenen Zahnfleischtaschen sind bedeutend tiefer, und der Knochenschwund schreitet auch deutlich schneller voran, was schneller zum Zahnverlust führt. Das Tückische daran ist, dass eben die schlechte Blutzufuhr es im Anfangsstadium unmöglich macht, die Erkrankung zu diagnostizieren, da Zahnfleischbluten bei Rauchern eher selten vorkommt.
Die schlechten Nachrichten nehmen aber damit längst kein Ende, denn nicht nur der Zahnverlust ist häufiger, sondern erweist sich auch das Knochenangebot als unzureichend für das Setzen von Implantaten. In der Heilungsphase sind für die Verknöcherung gesunde Knochenumbauprozesse erforderlich, die bei Rauchern auch schlecht abschneiden.
Wenn also der Zahnarzt nach bestimmten zahnmedizinischen oder zahnchirurgischen Eingriffen das wohlgemeinte Rat erteilt, mindestens einige Tage lang aufs Qualmen zu verzichten, lohnt es sich, die Wundheilung nicht absichtlich zu erschweren, und gleich abzuwägen, ob man in einigen Jahren noch gerne feste Zähne zum Beißen haben möchte.
Dr. Kalman Gelencser
Gelencsér Dental Zahnklinik
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Letzte Änderung: 16. Juni 2021